Digitale Armut und ihre Auswirkungen auf Schule und Bildung

Anfang diesen Jahres traf eine Schule in Australien eine Entscheidung, die sich gegen den globalen Trend richtete. Diese führte zu jeder Menge Meinungsverschiedenheiten unter den Eltern und Lehrern. Einige fürchteten einen großen Nachteil für die Bildung der Kinder, andere hielten sie für den richtigen Schritt. Die einzigen Menschen, die einheitlich zufrieden waren, waren die Schüler selbst.

An dieser Schule wurden iPads zum Lernen verboten.

Die in der Nähe von Sydney gelegene Reddam House School hatte fünf Jahre lang iPads für den Zugriff auf E-Lehrbücher verwendet, aber Lehrer und Schüler waren zunehmend frustriert über die Geräte. Die Lehrer sagten, die Geräte behinderten das Lernen und verbesserten nicht einmal die technologischen Fähigkeiten der Schüler. Die Schüler fanden, dass es einfacher sei, sich mit Stift und Papier Notizen zu machen.

Laut Schulleiter Dave Pitcairn sorgten aufblinkende Nachrichten und andere Warnungen auf den iPads für ständige Ablenkung. Die Schüler lernen nachweislich besser, wenn sie sich mit allen Sinnen voll und ganz auf die Lehrbücher konzentrieren können.

Digitale Armut in Deutschland

Für viele Kinder ist der Verzicht auf ein iPad wohl eher eine Enttäuschung als eine sinnvolle Entscheidung.

Allerdings gibt es hierzulande eine große digitale Kluft, da viele Kinder aus benachteiligten Haushalten nicht die Möglichkeit haben, regelmäßig einen Computer oder ein Tablet zu benutzen. Viele Familien können es sich einfach nicht leisten, ihren Kindern diese Technologien zu ermöglichen. Dadurch kämpfen viele Eltern und Kinder mit mangelnden IT-Kenntnissen.

“Digitale Armut ist ein weit verbreitetes Problem”, sagte Matt Morden, Co-Leiter der Surrey Square Primary School im Süden Londons, gegenüber BBC News. “Wenn Familien finanzielle Schwierigkeiten haben, wird die Priorität auf Nahrung und Kleidung gelegt und nicht auf Technik und Unterhaltung.“

Das bedeutet, dass es einen großen Teil der Gesellschaft gibt, dem die größte Bildungsressource der Welt fehlt – und in einem Schulsystem, das beim Unterricht zunehmend auf Technologie setzt, kann das ein ernsthaftes Problem sein.

Niedrige Kosten und keine Aktualisierungen

Zum Glück ist Rektor Pitcairn nicht der einzige Lehrer, der versteht, dass Papier im Klassenzimmer unerlässlich ist. Immer mehr Lehrerinnen und Lehrern auf der ganzen Welt wird die Bedeutung von Papier bewusst. Nicht nur die geringen Kosten und die hohe Verfügbarkeit sprechen für Papier. Es gibt eine Vielzahl von Untersuchungen, die belegen, dass die Verwendung von Papier den Schülern hilft, Informationen aufzunehmen, zu verstehen und zu behalten sowie komplexe Theorien und Ideen zu verstehen.

Eine weltweite Studie von Naomi Baron, Professorin für Linguistik an der American University in Washington DC, ergab, dass 92% der Universitätsstudenten sich am besten in konzentrieren, wenn sie mithilfe von Papierprodukten lernen1. „Beim E-Reading gibt es zwei große Probleme”, sagte Professor Baron. „Das erste war, dass die Studenten sehr abgelenkt waren. Das zweite war die durch Bildschirme ausgelöste Augenbelastung, Kopfschmerzen und körperliches Unwohlsein.“

Die Auswirkungen des Lernens mit Druckerzeugnissen sind bei jüngeren Kindern noch ausgeprägter. In einer früheren Studie fanden Forscher heraus, dass Kinder im Alter von 3 bis 5 Jahren, deren Eltern ihnen aus einem elektronischen Buch vorlasen, ein geringeres Leseverständnis hatten als Kinder, deren Eltern traditionelle Bücher benutzten2.

Gedruckt und digital

Viele behaupten, dass das frühe Kennenlernen und Arbeiten mit elektronischen Geräten Kindern hilft, sich auf die Erwachsenenwelt vorzubereiten. Und auch die Lehrer sind sich einig, dass Computer, Smartphone und Co. sowohl im Klassenzimmer als auch zu Hause präsent sein sollten. Aber das Papier selbst in dieser digitalen Welt noch bedeutende Vorteile hat, ist unumstritten. Schüler werden mit elektronischen Geräten nicht so gut erreicht, wie mit Papierprodukten. Und für benachteiligte Familien bedeutet eine übermäßige Abhängigkeit von der Technologie im Klassenzimmer nur, dass die Bildungslücke zwischen bestimmten Teilen der Gesellschaft immer größer wird.

1Naomi S. Baron, Rachelle M. Calixte, Mazneen Havewala, “The persistence of print among university students: An exploratory study”, Telematics and Informatics, Vol. 34, Issue 5, August 2017

2 Parish‐Morris, Mahajan, Hirsh‐Pasek, Michnick Golinkoff, Fuller Collins, ‘Once Upon a Time: Parent–Child Dialogue and Storybook Reading in the Electronic Era’, September 2013